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Warum bot ausgerechnet der französische Süden/Südwesten neben seiner historischen Sonderentwicklung im 12.Jahrhundert günstige Voraussetzungen, um die – von der offiziellen Linie Roms abweichenden – Ideen von Katharern aufzunehmen?
Und wie kam es zu der gnadenlosen Ausrottung von Christen durch Christen im Hochmittelalter?
Das heutige Frankreich um 1154
Gliederung:
Frankreich und Westeuropa im 12. Jahrhundert
Katharer - "die Reinen"
Okzitanien am Vorabend der Albigenserkriege
Die "Albigenser-Kreuzzüge"
Das lange Ende der Albigenserkriege
Das im 12.Jahrhundert winzige Frankreich trachtete nach Expansion. Die königliche Domäne umfasste zu Ende der Regentschaft Louis VII. um 1180 grob umrissen nur die heutige Region Ile de France und Teile des Centre mit Orléans und Bourges. (Die Comté de Toulouse war zum Beispiel flächenmäßig größer.) Der gesamte Westen des heutigen Frankreich von der Normandie bis zu den Pyrenäen gehörte – in der Nachfolge Wilhelms d. Eroberers (1088) – zur englischen Krone: beim Haus Anjou-Plantagenet. Im Nordosten residierten Vasallen des französischen Königs.
Zu dieser Zeit befand sich das deutsche Kaisertum (Staufer) auf dem Höhepunkt seiner Macht. Dem Einfluss Heinrichs VI. (in Italien) stand der Papst Ende des 12.Jahrhunderts ohnmächtig gegenüber, bis der Kaiser jung starb. Papst Innozenz III. – er war Vormund des 3jährigen späteren Friedrich II. – wusste die Schwäche der Situation zu nutzen. Der Papst war in Auseinandersetzung mit den weltlichen Mächten um Stärkung seiner Position und um die Ausdehnung des Kirchenstaates bemüht. (1)
Ludwigs Sohn und Nachfolger auf dem französischen Thron, Philippe II. Auguste (1180-1223) war – erfolgreich – damit befasst, die Umklammerung durch englische Lehen abzuwenden und intervenierte nicht direkt in Südfrankreich. Er, sein Sohn Louis VIII. und besonders sein Enkel (ab 1226: Louis IX., genannt "der Heilige") profitierten aber vom Vorgehen des Papstes und erweiterten ihren Einflussbereich.
Die territoriale Herrschaft Frankreichs und sein Verhältnis zum übrigen Europa sahen also im Mittelalter deutlich anders aus als heute. Auf diesem Hintergund muss man die Geschichte des französischen Südens betrachten, um die Interessenssphären im 12. und 13. Jahrhundert besser zu verstehen. (2)
Schon im frühen 2. Jahrtausend gab es Reformbewegungen, die vom Heiligen Stuhl als Häresie, als Ketzerei abgetan wurden. Im 12.Jh. begann z.B. die Bewegung der „Armen von Lyon", die nach ihrem Vorbild (Petrus Valdes) Waldenser genannt wurden und derer man auch 300 Jahre später trotz gnadenloser Ausrottung (in der Provence) nicht wirklich Herr werden konnte. Papst Innozenz III. führte sie (oder Teile von ihnen) mit Gewalt in „die Kirche“ zurück.
Im französischen Süden und Südwesten entwickelte sich im hohen Mittelalter trotz der komplizierten territorialen Verhältnisse eine blühende Kultur der Troubadoure und der politischen Machtteilung zwischen Feudalherren und städtischen Institutionen (Konsuln): für die damalige irgendwie Zeit fortschrittliche Verhältnisse! So traf die katharische Idee des offenen Gedankenaustauschs oder zum Beispiel die anerkannte gesellschaftliche Stellung der Frau auf Gegenliebe. Die Reichen waren davon angetan, dass Katharer Arbeit hoch schätzten und dass man des Papstes Zinspflicht ablehnte. Die Armen wurden beeindruckt durch das vorbildhafte, asketische Leben der Oberen in der katharischen Kirche, die sich zunehmend auch in eigenen (katharischen) Bistümern organisierte.
Zu den Bewegungen, die nach dem reinen Glauben (daher Katharer, die Reinen) in Selbstzucht und Bescheidenheit strebten, zählten die Katharer im Languedoc. Ihre Vorgänger stammten aus Nordfrankreich und den Niederlanden, die im politisch eigenständigeren – und zunächst sicheren – Süden Zuflucht und Anklang gefunden hatten.
Wir sprechen hier konkret von einem Gebiet der Glaubensverbreitung, das von Albi und Toulouse bis Béziers, Narbonne am Meer und im Süden über Foix hinaus reichte. Im Übrigen erfasste die Bewegung auch den französischen Nordosten. Sie hatte sich Mitte des 12.Jh. von Köln her bis nach England und in weite Teile des heutigen Frankreichs ausgebreitet und war in Teilen Oberitaliens und bis nach Umbrien hinab vertreten.
Obwohl die Bons Hommes und Bonnes Femmes beim Volk gut ankamen, erreichte der Anteil der Glaubensgemeinschaft etwa in Toulouse nicht mehr als (immerhin) 10 Prozent. In ländlichen Siedlungen waren sie oft wesentlich stärker verbreitet. Insgesamt wurde aber die Akzeptanz ihrer Glaubensrichtung im Languedoc nicht in Frage gestellt. Die innere Verfassung der katharischen Kirche mit ihren gemeinen Gläubigen (Credentes) und den „Vollkommenen" (Perfecti) an der Spitze – die allem Weltlichen abgesagt hatten – wird hier nicht weiter thematisiert. Und die überlieferten Grundsätze ihrer Lehre, die Parallelen zu anderen dualistischen Bewegungen des 1.Jahrtausends aufweisen, mögen zum Teil fremd anmuten. Allein ihre Gefahr für einen korrupten Klerus und den materiellen Wohlstand der etablierten römischen Kirche mag Grund genug gewesen sein, nach vier (von sieben im Grunde erfolglosen) Kreuzzügen ins Heilige Land (den Orient) nun noch einen Kreuzzug im Inneren anzufachen – gegen Christen! Er richtete sich in erster Linie gegen die Vornehmen des Okzidents. Das geschah im Jahr des Herrn 1209.
Okzitanien nennt man historisch den romanischen Süden Frankreichs, der lange Zeit seine eigene geschichtliche Entwicklung aufweist, dies auch sprachlich: man spricht okzitanisch oder la Langue d’Oc. Noch heute führt man bei passender Gelegenheit eine okzitanische Flagge (mit Stern), die ihre Herkunft erkennen lässt.
Es geht also um das Gebiet (was Frankreich anbelangt: nördlich der Pyrenäen), in das sich die Westgoten (Wisigoths) im 5.Jahrhundert zurückgezogen hatten, das unter den Karolingern Septimanien hieß, das in den folgenden Jahrhunderten aber keineswegs französisch war. Hier sprach man also ebenso okzitanisch wie im spanischen Katalonien und in Teilen des italienischen Piemont. Starken Einfluss auf die südfranzösische Region hatte das Königtum Aragon im Süden.
Einflussreiche Grafschaften festigten sich im Laufe der Jahrhunderte von Toulouse bis zur Provence (vgl. die obige Karte). Die Plantagenets (die Egländer, die bis Aquitanien hinunter herrschten) scheinen für unser Thema weniger bedeutsam zu sein. Östlich der Rhône begann bereits das vergleichsweise riesige Saint Empire Romain Germanique. Arles war Grenzstadt. So spielten unterschiedliche territoriale Interessen nach Okzitanien hinein, von Spanien her sowie aus der Provence und aus dem Burgund (diese beiden – im Hochmittellalter – Königreiche und Grenze zum Heiligen Römischen Reich). Aus französischer Sicht aber ist das folgende Geschehen im Zusammenhang der rapide fortschreitenden Einigung Frankreichs zu sehen: Unter Philipp August und Sohn Ludwig wurden die englischen Besitzungen (Normandie, Aquitanien) zurück gewonnen. Und durch die Unterwerfung der Toulouser Grafschaft im Zuge der Albigenserkriege gelang die wesentliche Erweiterung nach Süden.
Beim Besuch der Abteikirche von St.Gilles (im Dépt. Gard, südlich von Nîmes) trifft man in der überraschend großen Unterkirche, die einst Heerscharen von Pilgern am Grab des Heiligen Aegidius (Gilles) aufnahm, auch auf die Grabstätte eines Peter von Castelnau, der als Adlatus des päpstlichen Gesandten auf Einladung von Raimund VI. im Januar 1208 zu Friedensgesprächen nach St.Gilles gekommen war. Raimund aus dem Haus der Grafen von Toulouse war auch Marquis de Provence, das war das westliche Gebiets der damaligen Provence (der Osten gehörte zum Hause Barcelona und Aragon.) Nach erfolgloser Verhandlung wurde Castelnau später nahe Arles ermordet. Raimund bezichtigte man der Anstiftung. Papst Innozenz rief zum Kreuzzug auf, der sich bis 1229 blutig hinzog. Restliche Opfer der päpstlichen Abrechnung wurden bis ins 14.Jahrhundert hinein aufgespürt und gnadenlos getötet.
Was in den Geschichtsbüchern als Katharerkriege benannt und mit 20 Jahren Dauer angegeben ist, stellt tatsächlich nur einen Teil (allerdings den schlimmsten) der langen Verfolgung der "Reinen" im gesamten Midi dar. Die immer neu ausbrechenden Unruhen kann man ebenso als Befreiungskriege und Unabhängigkeits-Bewegungen Okzitaniens gegenüber der französischen Krone bzw. gegenüber dem (auch weltlichen Besitz-)Anspruch der römischen Weltkirche interpretieren. Wenn es um Machterhalt geht, treten im Zweifel ideelle Motive in den Hintergrund. Werfen wir einen Blick auf die wechselvolle Geschichte der Katharer – und damit Okzitaniens – von der Mitte des 12.. bis ins 14.Jahrhundert hinein.
Die katholische Kirche traf im 11. und 12.Jahrhundert diverse Maßnahmen und Vorkehrungen in Reaktion auf häretische Bewegungen – auf Konzilen und durch Basisarbeit von der Kanzel herab. Kein Geringerer als Abt Bernhard von Clairvaux, der in den 40er Jahren des 12.Jahrhunderts den 2. Kreuzzug ins Heilige Land vorbereitet hatte, spielte dabei auch im Südwesten eine bedeutende Rolle. Zunächst aber konnte – in der 2. Hälfte des 12.Jh. – immerhin über die Entwicklung der Glaubensausübung noch debattiert werden. Das drückt die offene Geisteshaltung der Okzitanier aus. So fand 1165 in Albi ein Kolloquium statt, an dem die Spitzen des Adels teilnahmen, so die Gräfin von Toulouse und Raimund Trencavel (die Hochburg des Vicomte war Carcassonne). Doch die offiziellen Vertreter des Klerus fällen ihr Urteil erwartungsgemäß, indem sie „die, die sich ‚Gute Menschen’ nennen", als Häretiker abstempelten; sie wurden fortan Albigenser genannt. (3)
Seit dem Ende des 12.Jahrhunderts saß Innozenz III. auf dem Heiligen Stuhl (bei seiner Wahl 37 Jahre jung); erst unter seiner Regentschaft begann die systematische Verfolgung der Häretiker. Zur Jahrhundertwende sah es zunächst noch günstig aus für die Katharer. Raimund VI., Graf von Toulouse seit 1194, übte Toleranz, und der einflussreiche König von Aragon (dessen Schwager) unterzeichnete 1204 einen Beistandspakt. Auf der Versammlung war neben päpstlichen Gesandten und anderen Würdenträgern auch der katharische Bischof von Carcassès vertreten. Während Trencavel eine harte Linie gegenüber Rom vertrat, bemühte sich der Graf von Toulouse um eine vermittelnde Position.
Nach seinem vergeblichen Bemühen und dem anschließenden Anschlag nahe St. Gilles geriet Raimund VI. aber sehr unter Druck, und die römische Kurie sah Anlass genug, auch ohne Mitwirkung des französischen Königs (zu dem Zeitpunkt noch Philippe II. Auguste) zu einem Kreuzzug im Inneren aufzurufen. Dabei waren schon 1202-1204 erhebliche Kräfte durch den 4. Kreuzzug ins Heilige Land gebunden. Doch die Aussicht auf Beutegut und Vergebung der Sünden – wie man aus Rom zu versprechen verstand – sowie das nahe Ziel reizten genügend nordfranzösische Ritter, sich für 40 Tage zu verpflichten. Abt Arnold-Amary von Citeaux leitete zunächst das Aufgebot der Kreuzfahrer und marschierte im Sommer 1209 das Rhônetal nach Süden. In Béziers fand das erste entsetzliche Gemetzel statt – zwanzigtausend Christen, nicht etwa nur Bewaffnete, wurden im Zeichen des Kreuzes getötet. Trencavel wurde gefangen genommen und starb später unter mysteriösen Umständen.
Eine neue Phase dieses Krieges wurde eingeleitet, als der Abt den beteiligten Lehnsherren Ländereien anbot: Außer Simon de Montfort schlug keiner ein, denn man kam nicht mit der Intention hierher, sich im Süden zu etablieren. Dieser nun machte sich als neuer Führer des nördlichen Heeres daran, die nominell eroberten Gebiete auch faktisch zu erobern. Dabei standen dem "Löwen der Kreuzzüge" (er tat sich bereits im 4. Kreuzzug hervor) vorerst nur noch 30 Ritter zur Seite. Doch der bald 60jährige Krieger führte fast neun Jahre lang einen ebenso mutigen wie grausamen Feldzug an. Montfort zog durch den gesamten Süden und erzielte manchen Erfolg, musste aber auch manche Schlappe in Kauf nehmen. Wo er sich in Not sah, wurden bald neue Kämpfer aus dem Norden herbei gerufen. Schließlich hatte er bis auf Montauban und Toulouse alles niedergerungen.
Raimund VI. rief seinen Schwager, König Peter II. von Aragon zur Hilfe. Mit dem königlichen Heer aus dem Süden schien die Wende eingeleitet zu sein, doch wie so oft entschied ein zentrales Ereignis über den Ausgang: Der König, selbst an der Spitze seines Aufgebots, fiel im Kampf. Chaos entstand im okzidentalen Lager, und Raimund musste nach England fliehen. Noch einmal keimte Hoffnung auf für die Menschen des Südwestens, als nun Johann Ohneland in la Rochelle landet. (Infobox: vgl.Welfen/Staufer) Doch der glücklose englische König vermochte nicht viel zu bewirken. Auf dem Verhandlungswege (1214) wurde Toulouse zur Unterwerfung gezwungen. (Man muss dabei sehen, dass John Lackland in den Jahren zuvor die Normandie und weitere Lehen auf französischem Boden verloren hatte; und erst 1213 wurde England päpstliches Lehen.)
1209: Vertreibung der Katharer aus Carcassonne
In den folgenden Jahren fanden die Menschen des Südens keine Ruhe. Ein ständiges Auf und Ab kennzeichnete die Kriegslage. Das Vorgehen Montforts wurde immer unerbittlicher, selbst der Papst predigte Nachsicht gegenüber Raimund VI. Doch die römische Kirche in ihrer Mehrheit kannte kein Erbarmen und wollte das Problem Toulouse geregelt sehen. Als Raimund noch einmal das Kriegsglück auf seiner Seite hatte, griff schließlich auch die französische Krone ein: Prinz Ludwig (der spätere Louis VIII., auch er mit Beinamen „der Löwe") zog mit Montfort Ende 1215 in Toulouse ein und ernannte ihn zum neuen Grafen. Dieser leistete dem König den Lehnseid. So wurde die Annexion des Toulousain eingeleitet. Spätestens jetzt mochte es offenkundig werden, wie der religiös begründete so genannte Kreuzzug zunehmend von den imperialistischen Motiven der französischen Krone bestimmt wurde. Toulouse aber erhob sich erneut, ein Bündnis gegen die Nordfranzosen kam zustande. 1218 fiel Montfort vor Toulouse, als er seinem im Kampf verletzten Bruder zur Hilfe eilen wollte.
Doch das Drama nahm seinen Lauf. Montforts Sohn trat seine Nachfolge an, wie auch Raimunds Sohn (später „der VII.“ genannt) längst aktiv in das Kriegsgeschehen einbezogen war. Die Nordfranzosen erlitten manche Niederlage. Ludwig der Löwe trat noch einmal auf den Plan – und kehrte bald wieder nach Paris zurück, ohne durchschlagenden Erfolg.
Bei weiteren kritischen Anlässen hielt der französische König sich vornehm zurück, bis er 1223 starb. Ludwig der VIII. drang darauf, Okzitanien endlich in die Knie zu zwingen. Es gab fortwährende Verhandlungen und weitere Kämpfe. Aber Ludwig war gesundheitlich angeschlagen und starb 1226 auf dem Rückweg nach Paris. Sein Bruder folgte ihm als Louis IX. auf dem Thron. Er wurde ob seines besonderen religiösen Eifers bald „der Heilige“ genannt und starb 1270 während des 7. Kreuzzugs. (4) Doch zuvor führte er Frankreich zu einer Vormachtstellung im Abendland.
Man möchte meinen, dass die Religionsausübung der Katharer längst nicht mehr im Vordergrund stand; ihre Kirche blieb während der zwei Jahrzehnte des Kreuzzuges bestehen. Aber die Verfolgung ruhte nicht, der lange Arm der katholischen Kirche schlug immer wieder neu zu; Edikte, Exkommunikation und andere kirchliche Sanktionen erwiesen sich oft als wirksam. Die Lage des okzidentalen Adels schwächelte zusehends, mehr ein Verdienst Roms als der französischen Krone. Raimund VII. hielt sich 1229 zu Verhandlungen in Paris auf, wo er im Louvre wie ein Gefangener behandelt wurde. Er unterzeichnete den Vertrag von Meaux, der letztlich auf den Untergang seiner Dynastie hinaus lief. Seine Tochter Johanna musste den Bruder des künftigen Königs heiraten (Alphonse de Poitiers). Als die beiden 1271 kinderlos starben, fiel das Languedoc planmäßig an die französische Krone – et voilà!
Nachdem bereits Papst Innozenz III. den Grundstein zur Inquisition gelegt hatte, vertraute Papst Gregor IX. dem neu gegründeten Dominikanerorden dieses grauenvolle Instrument kirchlicher Disziplinierung und der Bekämpfung von Häresie an, das 100 Jahre lang in Okzitanien Angst und Schrecken verbreitete. Selbst in katholischen Kreisen galt diese Parallelgewalt, die außerhalb der kirchlichen Hierarchie agieren konnte, als umstritten. Doch sie wurde im Gegenteil noch gestärkt. Papst Innozenz IV. erlaubte 1252 das so genannte Gottesurteil (Ordal); die Folter war fortan auch für kirchliche Inquisitionsgerichte zugelassen. (Kaiser Friedrich II. hatte bereits 1132 dieses "Rechtsmittel" in seiner Ketzerordnung legalisiert.) Unter der Folter war jedes "Befragungsergebnis" absehbar.
Politisch war die Lage gleichwohl – auch ein Jahrzehnt nach dem eigentlichen Ende der Albigenserkriege – noch nicht beruhigt. In den 1240er Jahren bezog eine der vielen Revolten auch Henry III., König von England, wieder ein, doch das oft zitierte Montségur (die berühmt gewordene letzte Fluchtburg der Katharer, nahe bei Foix im Ariège) ergab sich im März 1244. Abermals endeten Hunderte auf dem Scheiterhaufen. Raimund VII., der einst machtvolle und letzte Edle von Toulouse, starb 1249.
Die Katharer gingen in den Untergrund oder wanderten aus. Aber auch in Oberitalien wurden sie aufgespürt. Der letzte "Vollkommene" (Guillaume Bélibaste) geriet durch Verrat aus den eigenen Reihen in die Hände der Inquisitoren und starb 1321 auf dem Scheiterhaufen. Mit seinem tragischen Ende sah die Geschichtsschreibung „die Häresie in Okzitanien" als besiegt an.
Montségur am Rande der Pyrenäen (Dépt. Ariège) - in der Region Midi-Pyrénées
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Anmerkungen:
(1) Mehr zu Papst Innozenz III. (neben dem Beitrag zu Friedrich II.) auch bei Franziskus.
(2) The Kingdom of France in 1154
(3) Pedro Berruguete (Illustration einer Begebenheit in Albi im Jahr 1207; um 1495, heute im Museo del Prado in Madrid): Dominikus prüft die Schriften der Albigenser, die im Feuer liegen bleiben, während die rechtgläubig katholischen Bücher in den Himmel emporgehoben werden.
(4) Wer Interesse hat an einer geschichtsträchtigen Reise durch den französischen Südwesten, der kann – von Toulouse und Albi aus nördlich der Pyrenäen (in der Region Midi-Pyrénées) – manche Spuren der Albigenser entdecken und mag seine Tour vielleicht nach Aigues-Mortes (Dépt. Gard) fortsetzen. Heute durch Verlandung um einige Kilometer landeinwärts gelegen, diente die Stadt im Mittelalter der Krone als bedeutender Mitelmeerhafen. Hier bestieg Saint Louis sein Schiff zum 6. und 7. Kreuzzug (vom letzteren kam er 1270 nicht mehr zurück). Die Stadt Aigues-Mortes ehrt ihn in der Ortsmitte mit einer Statue.
Literaturhinweise:
Le Pays Cathare, MSM (2) 2004, ist 2005 auch in deutscher Sprache erschienen unter: Land der Katharer – und anschaulich bebildert
Internetquellen zum Thema bieten sich vorrangig im Französischen an, wie z.B.:
http://fr.wikipedia.org/wiki/Occitanie
http://fr.wikipedia.org/wiki/Croisade_des_Albigeois
Horst Fuhrmann, Die Päpste